Um den Genuss dieser ganz besonderen Gegend zu vergrößern haben wir uns einen kleinen Wald-Campground zur nochmaligen Übernachtung an der Transfăgăraşan ausgesucht. Mitten im herrlich wilden, dichten rumänischen Wald gelegen und für Wanderer ein guter Startpunkt. Natürlich ist der Reiz groß Bären zu sehen, aber nicht unbedingt beim Wandern Auge in Auge. Dazu kommt das ungute Gefühl, dass die Bären nur aufgrund der Tatsache, dass sie von Touristen (trotz der vielen Warnschilder) gefüttert werden, immer häufiger und in immer größerer Anzahl an der Strecke auftauchen. Und das lässt uns ein wenig traurig zurück. Sie haben einen so herrlich dichten, riesigen Wald zum Leben – und sind irgendwie auf den Geschmack unserer menschlichen Nahrungsmittel gekommen, dass sie an der zeitweise dicht befahrenen Straße, bedrängt von Autos entlang laufen und darauf warten, dass etwas für sie abfällt. Dann passiert, was passieren muss. Attacken vom (wilden!) Tier auf den Menschen, wie gerade geschehen der Angriff auf einen Motorradfahrer vor kurzem. Der Bär, der mit drei Jungen unterwegs war, wird daraufhin von Rangern erschossen und die Jungen kommen in eine Aufzuchtstation. Irgendwie tun einem alle Beteiligten in gleichem Masse leid.

Bereits auf dem Weg zum Campground begegnet uns der erste Bär …


Ein Gewitter mit Hagel macht die Übernachtung mitten im Wald dann noch ein klein wenig spannend …

… aber am nächsten Morgen gehts dann endlich los. Die Transfăgăraşan! Wie erwartet eine herrlich Tour, bei der wir unserem Auto allerdings mal wieder alles abverlangen. Welch eine Landschaft!

Auf einmal stehen an jeder Kurve Ranger mit ihren Fahrzeugen und Walky Talkies in der Hand – Bärenalarm. Und schon sind sie da …


Drei, vier Autos bremsen, alle wollen sie sehen. Die Ranger fahren mit ihren Autos entsprechend zu ihnen hin und hupen, um sie in den Wald zu scheuchen.

Weiter geht’s für uns in die Höhe. Wir „schrauben“ uns hoch. Die Nord- wie die Südseite war früher nur ein Forstweg und Gebirgspfad. Offiziell begann der Straßenbau im Jahr 1970 im Auftrag des damaligen Staatsoberhauptes Nicolae Ceausescu. Neben einem militärischen Zweck (angespanntes Verhältnis zur damaligen Sowejetunion aufgrund des ‚Prager Frühlings‘) sollte der Bau auch einen touristischen Zweck erfüllen. Der militärische Zweck war vorrangig, so sollten durch die Straßenverbindung über das Hochgebirge schnelle Truppenbewegungen ermöglicht werden. Das Gebirge trennt übrigens Siebenbürgen von der Wallachei.
Am Bau beteiligt waren Bauarbeiter, Bautechniker, aber die Mehrheit waren Soldaten. Der Bau der Straße forderte zahlreiche Menschenleben. Offiziell 40 Todesopfer, von Zeitzeugen wird von 400 Toten am Vidraru-Staudamm gesprochen, andere sprechen von 400 Toten am Bâlea-Tunnel.
Wir genießen die Strecke und die Serpentinen bis, ja bis zum Pass (2042m), an dem so viel los ist, dass wir noch nicht mal parken können. Es gibt nämlich auch eine Bergbahn zum Gipfel, sodass viele Tagesbesucher dort oben sind. Wir entscheiden uns daraufhin ein Stückchen weiter unten eine Mittagspause einzulegen.



Einkauf von Käse und Honig muss sein – aus dieser guten Bergluft!





Erfüllt von diesem kleinen Abenteuer fahren wir nach Sibiu, auch Hermannstadt genannt.
Auf der Strecke mal ein paar typische Häuser am Wegesrand, damit ihr eine Vorstellung der Gegend bekommt.






In Sibiu angekommen sei für ‚Nachahmer‘ der perfekt gelegene Stellplatz für Wohnmobile erwähnt, der nur 5 Minuten von der Bushaltestelle entfernt liegt. So fuhren wir am nächsten Morgen einfach mit der Linie 11 in die Altstadt.
Beginnen möchte ich für alle Liebhaber von Jahreszahlen: im Jahr 1191 wurde Sibiu erstmals erwähnt, seit 1652 war sie Hauptstadt Siebenbürgens und im Jahr 2007 wurde sie zur Kulturhauptstadt Europas auserkoren. Dafür flossen entsprechende Mittel und die nach Kriegen und 40 Jahren Kommunismus ziemlich heruntergewirtschaftete Stadt zeigt sich nun in charmantem Ambiente.
Große Teile sind wunderschön renoviert, aber eben auch einige Gebäude, die noch Geschichte erzählen. Unserer Meinung nach wirkt die Stadt dadurch und durch ihr reges Alltagstreiben sehr natürlich.

Das Herz der Stadt ist ohne Frage der zentrale Piata Mare, einer dieser herrlichen Plätze, die es so häufig auch im westlichen Süden Europas gibt. Das Rathaus und die katholische Kirche stehen prägnant und majestätisch vor uns, sodass wir die im Zentrum stehende Statue von Gheorghe Lazar, dem Begründer des rumänischen Schulwesens, versehentlich links liegen ließen. 😉


Die Stadt Sibiu ist in Ober- und Unterstadt geteilt, durch Treppen an verschiedenen Stellen verbunden. Das erhöht ihren Altstadt-Charme für unser Empfinden nochmal enorm.




Dass es hier eine sogenannte „Lügenbrücke“ gibt, erinnert uns sofort an das „Lügebrückl“ im Schwetzinger Schlossgarten. Denn auch hier spannt sich eine Legende darum: wenn an dieser Stelle etwas gesagt wird, was nicht stimmt, bricht sie ein. Und da es die erste schmiedeeiserne Brücke von Rumänien und sie somit sehr besonders und reizvoll ist, lieben Paare es, hier ihr Ehegelübde abzulegen. Nachweislich sind dennoch einige dieser anschließend geschlossenen Ehen in die Brüche gegangen, aber Gottseidank die Brücke nicht. 😉



Unser Vorhaben war es nun, die Stadt von oben zu sehen. Ein Blick aus der Höhe ist für uns wenn irgend möglich ein Muss. Darum war unser nächstes Ziel die ev. Kirche, die übrigens im 14. Jahrhundert auf Überresten einer romanischen Basilika errichtet wurde und das höchste Gebäude der Stadt ist. Dort reizte uns besonders der sogenannte 5-Knopf-Turm (den nennt man so, wenn um den hohen mittleren Turm vier kleinere gebaut sind), 73m und über mehr als 200 Treppenstufen hoch.




Empfehlenswert ist es, den Aufstieg nicht, wie wir es zufällig getan haben, um 12:00h mittags hoch zu steigen. Wenn DIE Glocken anfangen zu läuten …


… wir blieben sofort stehen, hielten uns die Ohren feste zu und spürten den ganzen Turm unter unseren Füßen vibrieren. Die Glocken sind übrigens von Deutschen gefertigt, wie man unschwer erkennen kann.
Nach einer der typisch rumänischen Suppen und einem süßen Törtchen im Café Alina (extra fotografiert für Gabi und Gerrit;) und ebenso bunt wie die Törtchen) bummeln wir nochmal kalorienverbrauchend durch die Stadt und durch die lebhafte Fußgängerzone zurück zur Bushaltestelle. Ein rundum gelungener Tag.






Weiter gehts über den reizenden kleinen Ort Cristian (nein, ich habe das ‚h‘ nicht vergessen!) mit seiner wunderschön gelegenen Kirchenburg, wie man sie oft im Land findet. Sie diente gleichzeitig dem Schutz der Bevölkerung vor Angriffen von außen. Aber nicht nur das, Cristian ist auch bekannt für das höchste Aufkommen an Störchen …





… zur nicht ganz so spektakulären und auch nicht so touristisch geprägten zweiten Bergtour, der „Transalpina“. Davon erzählen wir dann aber im nächsten Blog.
Es grüßen euch herzlich eure Weltenbummler Barbara & Paul