Bilderbuchschöne Normandie, aber auch Rückerinnerung 80-Jahre-D-Day

Liebe Blogfreunde,

wir hatten das Glück die immerhin viereinhalb Stunden dauernde Fährüberfahrt von Poole nach Cherbourg bei strahlendem Sonnenschein und ruhigem Meer zu erleben. Die Menschen haben sich windgeschützte Stellen fürs Sonnenbaden gesucht und viele standen an der Reeling und genossen die Sonnenstrahlen und den Wind um die Nase.

Das Besondere an dieser Überfahrt einen Tag vor der 80-Jahr-Feier zum D-Day, dass das Schiff aufgrund dessen entsprechend geschmückt war und mit Bildern und Büchern der Invasion am 06. Juni 1944 gedacht wurde und uns sehr viele englische, französische und amerikanische Fähnchen umwehten. 

Auch waren einige Militärs an Bord, Anhänger der Armee und bewaffnete Gendarmerie. Es war ein etwas beklemmendes Gefühl, dass wir zu der „anderen Seite“ gehören und so haben wir uns ziemlich ruhig verhalten …

In Frankreich angekommen versuchten wir uns wieder im rechts fahren – und suchten uns ein reizendes, mittelalterliches Örtchen für unsere erste Übernachtung im wunderschönen Frankreich aus. Barfleur, von wo aus im Jahr 1066 Wilhelm der Eroberer und 130 Jahre später Richard Löwenherz in See stachen, um England zu erobern. Überall unterwegs flattern die Fähnchen zum 80. Jubiläum im Wind und wir erfahren, dass der Tag zum 80. Jubiläum des D-Day in der ganzen Normandie ausgiebig gefeiert wurde. Davon mitbekommen haben wir außer diesen optischen Merkmalen oder auch spezielle Sonderangebote in Supermärkten eigentlich wenig – wir haben es auch nicht gesucht. Ach ja, an der Küste flogen an diesen Tagen immer wieder alte Bomber entlang, sicher Teile von D-Day-Programmen. Und schnell entsteht Kopfkino, obwohl wir es uns ganz sicher in seiner Tragweite gar nicht vorstellen können. 

Glücklicherweise hatten wir nirgends den Eindruck, dass die Menschen uns unfreundlich gesonnen waren, im Gegenteil, wir fühlten uns sehr willkommen. Das hat uns sehr optimistisch für die Zukunft gestimmt, allerdings wissen wir auch, wie fragil das alles ist. Genießen wir also die wunderbare, friedliche Abendstimmung in Barfleur!

Am nächsten Tag machten wir eine kurze Stippvisite bei Nachbarn von uns, die gerade in der Normandie Urlaub machen (herzliche Grüße an dieser Stelle an Petra und Edi!) und verbrachten gemeinsam einen ausgesprochen kurzweiligen Nachmittag.

Unser nächster Step ist Gouville-sur-Mer. Dort sehen wir uns die bunten Häuschen am Strand an, die Teil einer Tradition sind, die sich aus der Notwendigkeit heraus entwickelt hat, die Fischerhütten leichter zu unterscheiden und sie bei Nebel leichter zu finden. Sie sind bekannt als „Les Cabanes Vauban“ und aus Holz gebaut. Sie wurden früher von Fischern genutzt, um ihre Ausrüstung zu lagern und sich vor schlechtem Wetter zu schützen. Die Tradition, die Häuschen zu bemalen, wird weiterhin gepflegt, denn sie verleiht der Küste einen frischen, geradezu malerischen Charme.

Auch die Art und Weise, wie die Boote bei diesen gewaltigen Gezeiten-Unterschieden ins Meer kommen, fanden wir unglaublich reizvoll für ein Foto. Na gut, wir konnten uns nicht für eines entscheiden, dann halt zwei. 😉

Ist das ein richtig buntes Strandleben? Absolut einladend!

Wir bleiben am nächsten Tag an der Küste und sehen uns nun Granville an. Die eng verschachtelte Altstadt ‚Haute Ville‘ liegt auf einem ins Meer ragenden Felsen. An der Spitze steht ein Leuchtturm und wir haben hier die Möglichkeit, Bunker aus dem 2. Weltkrieg (Stichwort: D-Day) zu besichtigen. Von dieser Stelle aus ließ sich das rundum liegende Meer nach allen Seiten überwachen, ja, so hält uns das Thema weiter in Atem (zusätzlich auch aus persönlichen Gründen, aber davon später) und wir sind so dankbar, in Frieden und Freiheit das Land zu erkunden. Auch wenn gegen Abend eine alte Bomber-Einheit um den Leuchtturm kreist.

Im Osten der Stadt trennt eine Landenge die hoch gelegene Altstadt von den ‚Bädervierteln der Belle Epoque‘ unten am Strand. Eine ganz besondere Stimmung liegt über diesem Teil der Stadt, die ich gar nicht beschreiben kann.

Wir bummeln kreuz und quer, hoch und runter durch die Stadt, bei der man das Gefühl hat immer aufs Meer zu schauen. Ein wunderschöner Ort, bei dem Kondition gefordert ist. 

Mit unserem WoMo stehen wir hoch oben auf dem Felsen und so müssen wir, da wir am Abend Muscheln essen gehen möchten, wiederum runter zu den Restaurants am Hafen und anschließend viele Treppen wieder hoch, aber das soll ja nach dem Essen der Verdauung dienlich sein. 😉

Nun zu unserer persönlichen Verbindung zum D-Day. Wir machen uns nämlich nun auf eine ganz besondere Rundfahrt im Landesinneren, die für uns rein zufällig auf den 80. Jahrestag des D-Day fällt. Kurz vor dieser Reise habe ich nämlich Aufzeichnungen meines Vaters gefunden, die belegten, dass er im Krieg zumindest in der Nähe von drei hier befindlichen Orten war. Obwohl die Reise bereits so ähnlich geplant war, fügt sich dieses Puzzle-Teilchen nun genau hinein. Wir beginnen mit dem Städtchen Vire, das uns ‚hochdekoriert‘ empfängt …

dann gehts über Tinchebray und über Flers (durch die beiden Städtchen sind wir nur durchgefahren), in das beeindruckende, hoch oben am Berg gelegene Domfront.

Mein Wunsch war es, in einer der Kirchen eine Kerze anzuzünden, als Dankeschön, dass mein Vater diese Hölle überlebt hat (sonst wäre ich ja schließlich gar nicht da!). Ganz besonders hat mich in der Geschichte von Anfang an Domfront berührt. Hier suchen wir uns eine Kirche im mittelalterlichen Stadtzentrum aus, finden Saint-Julien, und sind komplett überrascht von diesem außergewöhnlichen Gebäude. 

Im 12. Jahrhundert als Kapelle Saint-Julien gegründet, wurde sie 50 Meter entfernt im 18. Jahrhundert auf einem größeren Platz wieder aufgebaut. Aufgrund mangelnder Sorgfalt drohte sie jedoch Ende des 19. Jahrhunderts einzustürzen. Ein Wiederaufbaukonzept wurde zwar ausgearbeitet, es scheiterte aber an verschiedenen geschichtlichen Vorkommnissen, insbesondere an dem Gesetz zur Trennung von Staat und Kirche im Jahr 1905, sowie dem ersten Weltkrieg.

Der Architekt Albert Guilbert wagte sich im 20. Jahrhundert an den Grundriss in Form eines lateinischen Kreuzes und übernahm den quadratischen Grundriss byzantinischer Kirchen. Um die Kosten zu reduzieren wurden die vier großen Rundbögen von ungefähr 20m Spannweite mit Stahlbeton gearbeitet und darauf der 51 Meter hohe Kirchturm erbaut, in dessen Inneren sich die zentrale Kuppel erhebt. Da im Innern keine Pfeiler erbaut wurden, entstand eine enorme Weiträumigkeit.

Welch wunderbare Fügung, dass unsere Kerze in dieser so besonderen Kirche ihr Licht spendet.

Hiermit verlassen wir die Normandie, die sich uns von ihrer besten Seite mit viel Sonne gezeigt hat und wenden uns der Bretagne zu, die hoffentlich in Konkurrenz tritt, natürlich nur mit dem Wetter.

Wir grüßen euch ganz herzlich und wünschen euch Sonne im Herzen,

eure Weltenbummler Barbara & Paul

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2 Antworten zu Bilderbuchschöne Normandie, aber auch Rückerinnerung 80-Jahre-D-Day

  1. Gabriela sagt:

    Soviel Normandie auf einmal und solch ein sonnenwärmender Empfang! Gut, dass ihr gut zu Fuß seid und uns die Eindrücke ausführlich schildern könnt.
    Nun bin ich gespannt auf mir bekanntere Gefilde….aber das war ja alles in einem anderen Leben 😉
    Von Britain zur Bretagne und ich kann überall dabei sein, thanks und merci!
    Gute Rechtsfahrten und besonnte Aufenthalte wünscht euch Gaby aus MV

    • Renate Kirchgäßner sagt:

      Hallo Weltenbummler,
      wieder ein interessanter und auch berührender
      Blogbericht. Es gibt immer wieder Zufälle, da kann man nur staunen. Es sind wirklich reizende Städtchen. Gerne verfolge ich Euch weiter in die Bretagne.
      LG weiterhin Sonne und viele neue Eindrücke
      Renate und Rudi

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